SPK GE2 in Engerhafe

Ein Konzentrationslager in Ostfriesland? Wirklich? Kaum zu glauben, meinten die Schülerinnen und Schüler des SPK Geschichte. Aber tatsächlich: Eine Außenstelle des Stammlagers Neuengamme bei Hamburg befand sich vom 21. Oktober bis zum 22. Dezember 1944 in Engerhafe, direkt neben der Kirche und angrenzend an die Dorfschule, die immer noch dort zu finden ist. Politische Oppositionelle, Juden, Kriegsgefangene, aus verschiedensten Gründen aus aller Herren Länder z. T. von der Straße weg verhaftet, wurden im Konzentrationslager Engerhafe untergebracht, um in Sandhorst bei Aurich einen Panzerabwehrgraben auszuheben, damit dieser den sogenannten „Atlantikwall“ verstärken sollte. 2000 Menschen waren im Lager eingepfercht, das eigentlich nur für 500 ausgelegt war. Ohne ausreichende Ernährung, ohne vernünftige Kleidung für den nasskalten Winter hier oben in unseren Gefilden ausgestattet und mit einem gewaltigen Lauf- und Arbeitspensum jeden Tag wurden sie sehr schnell krank, wenn sie nicht sowieso schon geschwächt aus anderen Lagern zum Arbeitseinsatz nach Ostfriesland gebracht worden waren.

Der Wunsch der Geschichtsschülerinnen und -schüler, in ihrem 13 Jahre währenden Schulleben doch zumindest einmal eine Gedenkstätte zu besuchen, wurde also sehr kurzfristig und spontan noch wahr. In Kleingruppen recherchierten sie neun Schicksale anhand der von der Gedenkstätte zusammengestellten personalisierten Schicksalsmappen der 188 umgekommenen Zwangsarbeiter und stellten ihre Ergebnisse anschließend vor; dies geschah am jeweiligen Grabstein des Verstorbenen, falls dieser tatsächlich verlässlich von dem französischen Suchdienst 1952 identifiziert worden war. Damit haben alle die Möglichkeit, sowohl einen persönlichen Bezug zu den Opfern herzustellen als auch den anderen ihre Betroffenheit zu vermitteln; ein unschätzbarer Zugewinn für die Erinnerungskultur! Danke dafür an die engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins! Denn die jetzige junge Generation wird ohne noch lebende Zeugen für diese dunkle Zeit der deutschen Geschichte auskommen und die Geschichtskultur der Zukunft mitgestalten müssen.

Nach dem Ablaufen der Lagerumrisse und vielen zusätzlichen interessanten Erzählungen, die die damalige Zeit wiederaufleben ließen, ging es wieder über Aurich in Richtung NIGE. In Aurich/Sandhorst haben alle noch einen Abstecher zum Mahnmal „Panzerabwehrgraben“ gemacht, um sich die Arbeits- und Leidenssituation der Lagerinsassen recht deutlich vor Augen zu führen. Im knöchelhohen Wasser stehend nasse Erde auszuheben und jeden Tag die 5 Kilometer von den jeweiligen Bahnhöfen in Georgsheil und Aurich ohne geeignetes Schuhwerk zu laufen und krank oder geschwächt mitgezogen und weiter geprügelt zu werden, lässt sich besser an Ort und Stelle nachempfinden.

So ist zwei Wochen vor Semesterende und kurz vor dem Abitur doch noch ein Gedenkstättenbesuch in einem heimatlichen Konzentrationslager direkt vor der Haustür durchgeführt worden; ich hoffe, mit bleibenden Eindrücken.

Text und Bilder: Elise Bessert, 04.03.2024