Hanna und Lulienne beim Praktikum im Landtag
VON HANNA KASSAS UND LULIENNE KELLER
ESENS/HANNOVER – Politik live statt nur im Unterricht erlebten jetzt die Schülerinnen des Niedersächsischen Internatsgymnasiums Esens (NIGE), Hanna Kassas und Lulienne Keller, während einer dreitägigen Hospitation im Niedersächsischen Landtag in Hannover. Ermöglicht hat ihnen dieses Erlebnis der SPD-Landtagsabgeordnete Holger Heymann aus Neuschoo.
Nachfolgend schildern die Schülerinnen ihre ganz persönlichen Eindrücke:
Da wir die Stadt Hannover und den Landtag bisher nur aus Büchern, dem Fernsehen und dem Unterricht kannten, war schon die Zugfahrt von Esens nach Hannover von der Vorfreude begleitet, Politik nun einmal hautnah miterleben zu dürfen.
Am Hauptbahnhof in Hannover angekommen, blieb nicht einmal Zeit für einen Kaffee. Holger Heymanns Mitarbeiter führte uns direkt zum Sitz des Landtags, dem Leineschloss, wo wir von Holger Heymann erwartet wurden. Gleichzeitig öffnete man uns Türen, die sonst für andere verschlossen bleiben. In einer Fraktionssitzung der SPD wurden wir herzlich begrüßt. Wir konnten den Debatten gut folgen. Gegenstand der Diskussion war unter anderem die Einführung eines digitalen Landtags, welcher einen geringeren Papierverbrauch anstrebt.
Neben der Vorgehensweise während der folgenden Plenartage wurde auch die Bildungspolitik thematisiert, sodass das NIGE in Hannover gar nicht so weit weg erschien. Zur Finanzierung des Ausbaus von Ganztagsschulen, KinderTagesstätten (Kitas) sowie der Inklusion sollen die Unterrichtszeit von Gymnasiallehrern auf 24,5 Stunden erhöht werden, was Anlass zu Demonstrationen gab.
Unmittelbar nach der Fraktionssitzung durften wir dem Vortrag des EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zum Thema „Europa im 21. Jahrhundert“ lauschen. Darin betonte er die Erneuerung der EU, die unter anderem darin bestehe, Entscheidungen dort zu treffen, wo sie ihre Wirkung haben. Anschaulich machte er diesen Prozess mit zahlreichen Beispielen. Auffällig und zugleich schade war, dass nur wenige Jugendliche den Weg zu dieser Veranstaltung fanden. Zum Ende des Vortrages wurden alle Zuhörer gebeten, sich zu erheben. Die vom Orchester gespielte Europahymne rundete den Vortrag ab.
Anlässlich einer Bombenentschärfung in der Innenstadt, in der sich unsere Unterkunft befand und auch Holger Heymann während seiner Arbeitstage in Hannover wohnt, wurden wir in einen weiter entfernten Stadtteil evakuiert. Abends kehrte endlich Ruhe ein, nach einem so ereignisreichen Tag freuten wir uns umso mehr, neue Energie für den kommenden Tag tanken zu können. Eine Plenarsitzung stand bevor. Zudem hatte die Evakuierung auch etwas Gutes, denn wer würde nicht einmal gerne mit einem Landtagsabgeordneten frühstücken.
Im Gegensatz zur Fraktionssitzung ist die politische Kultur im Plenum weniger diszipliniert. Bei den mit rhetorischen Mitteln gefüllten Reden wird einerseits mit Zuspruch, nämlich dem Schlagen auf dem Tisch reagiert, jedoch muss auch mit unpassenden Zwischenrufen einiger Abgeordneter gerechnet werden.
Nach diesem ersten Eindruck holte uns am Portal des Landtags ein Stück Heimat ein. Zusammen mit einer Besuchergruppe aus Wittmund erhielten wir eine Führung durch den Landtag. Anschließend besuchte die Gruppe das Plenum und versammelte sich abschließend mit je einem Politiker der vier vertretenen Parteien zur Diskussionsrunde.
Am Abend holten wir die Besichtigung der Innenstadt, die uns am Vortag verwehrt blieb, nach. In der folgenden Plenarsitzung am nächsten Tag war es Holger Heymann, der sich mit seiner Rede, in Übereinstimmung mit der CDU und den Grünen, für die Einführung der Finanztransaktionssteuer und somit gegen die FDP aussprechen musste. Applaudieren, selbst wenn es angebracht gewesen wäre, durften wir als Gäste nicht. Ein weiteres Thema war erneut der Fall Paschedag. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) versetzte Landwirtschaftsstaatsekretär Udo Paschedag in den „einstweiligen Ruhestand“. Durch eine 35-minütige Pause unterbrochen, wurde im Plenum mit einer Fragestunde fortgefahren, in der jeder Landtagsabgeordnete die Möglichkeit hatte, zwei Fragen an die Landesregierung zu stellen. Nach der rund vierstündigen Fragestunde mussten wir vom Landtagsabgeordneten Holger Heymann und dem Niedersächsischen Landtag Abschied nehmen.
Die drei Tage waren eine vielleicht etwas zu kurze, doch sehr ereignisreiche Zeit, in der wir viele Eindrücke von der Arbeit eines Landtagsabgeordneten gewinnen konnten. Wieder am NIGE in Esens empfehlen Hanna Kassas und Lulienne Keller allen an der Politik interessierten Schülern, auf jeden Fall zuzugreifen, wenn sich ihnen die Gelegenheit zu einem vergleichbaren Praktikum bietet.