„Wir haben einen richtigen Teamgeist“
Es ist Freitag, eine gute Stunde vor der Generalprobe, als die Nachricht kommt: Die Schauspieler im Musical müssen auf der Bühne keine Maske tragen, weil die Inzidenz niedrig genug ist. Die Erleichterung ist groß. Denn ohne Maske lassen sich die Mikrofone leichter im Gesicht befestigen, das Atmen fällt leichter.
Heute Abend ist die erste Aufführung von „Alles nur Show“ – das neue Stück von der Musical-AG des Niedersächsischen Internatsgymnasium Esens (NIGE). „Es geht um zwei Rivalinnen in einer Casting-Show“, erklärt Regisseurin und Musiklehrerin Ricarda Grewe. Die Themen: der Konflikt zwischen den Idealen der Mädchen und der Profitgier in der Fernsehbranche und das Streben nach Anerkennung.
Jedes Jahr wählt die Musical-AG, bei der alle Schüler ab der sechsten Klasse mitmachen dürfen, selbst das Stück aus, das sie aufführen möchte. „Normalerweise vergeht zwischen Auswahl und erster Aufführung ein Dreivierteljahr“, sagt AG-Leiterin Grewe. Eigentlich sollte auch „Alles nur Show“ bereits im März Premiere feiern. Jetzt öffnet sich vier Monate später der Vorhang. „Wir haben kaum noch dran geglaubt, dass wir das wirklich machen“, erzählt Levke Stockmann. Die Neuntklässlerin spielt Charly, die Hauptfigur. Für sie ist es bereits das fünfte Musical am NIGE. Katharina Neufeld und Olivia Dirks sind das erste Mal dabei. „Durch das Musical habe ich viel Selbstbewusstsein gewonnen“, sagt die zwölfjährige Olivia Dirks, die auch im kommenden Schuljahr mitspielen möchte. „Wir haben einen richtigen Teamgeist, alle helfen sich gegenseitig“, erzählt Katharina Neufeld. Die 16-Jährige spielt gleich drei Rollen, hat damit wohl den meisten Text zu lernen gehabt.
Wegen der Pandemie liefen Proben und Vorbereitungen ganz anders ab als sonst. „Normalerweise machen wir vier Probenwochenenden und treffen uns zusätzlich einmal in der Woche“, erklärt Ricarda Grewe, die zum dritten Mal die Regie beim Musical führt. Doch die Musik- und Englischlehrerin musste ihre Schauspieler und Bandmitglieder durch den Winter bringen, als im Lockdown keine persönlichen Treffen möglich waren. Die Proben fanden statt – per Videokonferenz. „Wir sind immer wieder den Text durchgegangen, haben an Stimme, Gestik und Mimik gearbeitet“, erzählt Grewe. Der Februar war der schlimmste Monat, alle seien demotiviert gewesen. „Aber jetzt kommt diese ganze überschüssige Energie zum Vorschein.“
Das Singen in den Videokonferenzen sei schwierig gewesen, berichten die drei Schülerinnen. Immer wieder sei der Ton versetzt gewesen. Sechs Monate lang liefen die Proben digital ab, am 9. Juni haben sich alle wieder persönlich gesehen. „Die Zeit haben wir genutzt für Bühne, die Musik und die Tänze“, sagt Ricarda Grewe. Aufgeregt vor der ersten Aufführung sind sie alle. „Aber wir sind eine richtige Gemeinschaft geworden“, sagt die Lehrerin und Regisseurin.
Die Aufführungen heute und morgen in der Aula des Internats sind ausverkauft. Im kommenden Schuljahr wird „Atemlos“ einstudiert, ein Musical zum Thema Mobbing. Die Musical-AG sucht außerdem weitere interessierte Schüler, auch von anderen Schulen. Sie können sich bei Ricarda Grewe melden.
Nach einem Artikel des Anzeigers für Harlingerland vom 10.07.2021