250 NIGE Sängerinnen und Sänger stimmen in Advent ein
Text und Fotos VON DETLEF KIESE Singen macht Spaß. Diesen Eindruck gewannen die in erstaunlicher Zahl erschienenen Zuhörer der Adventskonzerte des Niedersächsischen Internatsgymnasiums am Mittwoch. Zu jeder der beiden Veranstaltungen befanden sich mehr als 1000 Personen in der St.-Magnus-Kirche, die den passenden akustischen und optischen Rahmen für dieses Musikereignis bot. Und die Besucher ehrten die Ausführenden am Ende mit stehenden Ovationen.
Das 75-Minuten-Spektakel schloss nahtlos an die niveauvollen Konzerte der Vorjahre an, was die Mischung der ausgewählten Kompositionen, aber auch die dargebotene Qualität sowie die Begeisterung der beteiligten Sänger und Musiker betraf. Konzertgäste versetzte einmal mehr die Tatsache ins Staunen, dass auch bei den Jungs das Singen offenbar angesagt ist. So zelebrierte der Knabenchor unter Leitung von Musiklehrer Jan-Bernd Strauß auch gleich das Intro, indem die Sänger das Lied „In der Dunkelheit leuchtet uns auf ein Licht“ des Gegenwartskomponisten Detlef Jöcker intonierten. Da stimmte nicht nur jeder Ton, die 22 Jungen sangen dies ebenso auswendig wie anschließend das Ave Maria in der Fassung von David Hamilton.
Erst seit vier Monaten am Esenser Gymnasium und jetzt schon auf der Bühne: Die Fünftklässler, die die Musiklehrer Ulrike Lotzmann und Nils Kempa unter ihre Fittiche genommen hatten, interpretierten unter anderem den von Friedrich Spee im 17. Jahrhundert gesetzten Advents-Klassiker „O Heiland reiß die Himmel auf“, wobei manche Sänger auch solistisch eingebunden wurden. Reichlich Beifall und Jubelstürme ernteten Jantke Geiken, Anna-Lena Klaaßens, Jerik Braje und Hendrik Siemens, die das Konzert als NIGE-Quartett mit Bachs „Ich steh an deiner Krippe hier“ bereicherten. Alle vier Oberstufenchoristen haben im vergangenen Jahr immerhin an einer Mentoren-Schulung an der Niedersächsischen Musikakademie teilgenommen und leiten geteilte Proben des Oberstufenchores.
NIGE kann auch Platt: Der 16 Köpfe starke Männerchor, den wiederum Strauß dirigierte, sang das niederdeutsche Weihnachtslied „Över de stillen Straten“ aus der Feder des 91-jährigen Hamburger Chorleiters, Komponisten und Dirigenten Helmut Wormsbächer. Neben der niveauvollen, vierstimmigen Interpretation fiel dem Zuhörer dabei die abgestimmte festliche Kleidung der jungen Herren ins Auge. Ebenfalls im farblich besprochenen Outfit steuerte der Mädchenchor drei Liedvorträge bei, unter anderem den in Englisch vorgetragenen Adventssegen „A Cläre Benediction“ von John Rutter, einem angesagten Liederschreiber für Jugendchöre. Daneben brillierten die Mädchen mit dem modernen Lied „Wünsche schicken wie die Sterne“ von Reinhard Hörn.
Chorgesang war nicht alles, was die annähernd 250 Mitwirkenden ihrem Publikum in den Kirchenbänken boten. Die Mitglieder des altersgemischten Gitarren-Ensembles – im Chorraum optisch ansprechend positioniert –
präsentierten „Jesus bleibet meine Freude“, den zehnten Satz der Bach-Kantate „Herz und Mund und Tat und Leben“. Und Eberhard Nolopp hatte eine projektbezogene Blechbläsergruppe zusammengestellt, die nun ordentlich Applaus für Evergreens wie „Es kommt ein Schiff geladen“ und „Tochter Zion“ einheimste.
Zum fulminanten Schlussteil des Adventskonzerts zog dann der 100 Mitglieder umfassende Oberstufenchor auf, den Jan-Bernd Strauß zu hörenswerten Leistungen führte. Mit der Interpretation von vier zeitgenössischen Kompositionen bewiesen die Choristen gesangliche Ausdrucksstärke. Insbesondere gefiel das „Alleluia“ des amerikanischen Komponisten Ralph Manuel mit einem achtstimmigen A-cappella-Tongeflecht in drei verschiedenen Tonarten sowie „Evening Prayer“ von Ola Gjeilo aus der Welt der Filmmusik. In dem Song „Denn dein Licht kommt“ (Dietmar Fischenich) waren diejenigen Chormitglieder als Solisten eingebunden, die im Sommer das Internatsgymnasium verlassen. Die Lehrer Ulrike Lotzmann am Klavier und Saxophonist Eberhard Nolopp setzen in diesen Vorträgen ebenso zusätzliche Akzente wie vorher bereits Violinistin Lea Lütkebohle.
Nahezu alle Sänger aus Knaben-, Mädchen- und Oberstufenchor füllten schlussendlich den Platz vor dem 300 Jahre alten Weinstock-Altar und führten „The Rose“ auf. Komponist Craig Hella Johnson hatte hierbei den deutschen Adventschoral „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ aus dem 16. Jahrhundert mit der Pop-Ballade „The Rose“ aus dem gleichnamigen Film von 1978 verknüpft. Die Lichtinstallation der NIGE-Tontechnik-AG im Chorraum kam dazu besonders wirkungsvoll zur Geltung.
In der anfänglichen Begrüßung hatten der stellvertretende Schulleiter Tjark-Fokken Emken in der ersten Aufführung um 17.00Uhr und die Schulleiterin Anja Renken-Abken um 19.30 Uhr das Adventskonzert als Abschluss des Jubiläumsjahres bezeichnet. Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens habe es zuvor schon Festakt, Sportfest, Schulfest, musikalischen Abend und den inzwischen als Weltrekord anerkannten Höhepunkt – einer Wattwanderung aller Schüler von Baltrum nach Neßmersiel – gegeben. Mit Erläuterungen zu den Liedvorträgen füllten Merina Sender und Matti Jackisch die Umbaupausen beziehungsweise Auflaufzeiten. So geriet die NIGE-Musikshow in der St.-Magnus-Kirche zu einer kurzweiligen Unterhaltung. Und wer sich darauf einließ, fand in den 75 Minuten eine emotionale Hinstimmung in die Adventszeit.
Nach einem Artikel des Anzeigers für Harlingerland vom 2.12.2016